FlexHeat2Anneal: Flexibler Einsatz von Wasserstoff an kontinuierlichen Glühlinien und Feuerbeschichtungsanlagen in der Stahlindustrie zur Reduktion der CO2-Emissionen
1. April 2022 bis 31. März 2025 (3 Jahre)
Projektbeschreibung
Im Projekt FlexHeat2Anneal untersucht das Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik (IOB) gemeinsam mit WS Wärmeprozesstechnik und thyssenkrupp Rasselstein den flexiblen Einsatz von Wasserstoff als Brennstoff in kontinuierlichen Glühlinien und Feuerbeschichtungsanlagen.
Hintergrund des Projekts ist das europäische Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, und die daraus resultierende Notwendigkeit für die Stahlindustrie, alternative Energieträger zu finden, um die CO2-Emissionen von Wärmebehandlungsanlagen massiv zu reduzieren. Aus erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff, sogenannter grüner Wasserstoff, stellt eine vielversprechende Alternative zum bisher eingesetzten fossilen Erdgas dar, da er lokal CO2 frei verbrennt. Allein die thyssenkrupp Steel Europe GmbH und die thyssenkrupp Rasselstein GmbH betreiben zehn Feuerbeschichtungsanlagen und vier kontinuierliche Glühlinien mit einer jährlichen Produktionskapazität von 5,5 Millionen Tonnen Stahl. Die vollständige Umstellung dieser Anlagen auf Wasserstoff würde eine Einsparung von 420.000 Tonnen CO2 pro Jahr bedeuten.
Bei der Herstellung von Stahlband ist nach dem Kaltwalzen ein zusätzlicher Glühvorgang erforderlich. Dieser dient der Einstellung der mechanischen Eigenschaften und der Wiederherstellung der Umformbarkeit. Dabei wird das Band bei Temperaturen zwischen 670 °C und 900 °C rekristallisiert, wobei diese Wärmebehandlung sowohl in Haubenglühöfen als auch Durchlaufglühanlagen durchgeführt werden kann. Bei Letzteren (s. Abb. 1) durchläuft das Band den Ofen unter einer definierten Schutzgasatmosphäre (meist ein Gemisch aus 95% N2 und 5% H2). Diese Schutzgasatmosphäre verhindert die Oxidation der Bandoberfläche während der Wärmebehandlung. Die Beheizung von Durchlaufglühöfen erfolgt in der Regel mit Rekuperatorbrennern, die zur Verbrennung von Brenngasen mit vorgewärmter Luft dienen. Aufgrund der definierten Atmosphäre im Ofen muss jedoch die Trennung zwischen Verbrennungsabgasen und Schutzgasatmosphäre mit Hilfe von Strahlheizrohren sichergestellt werden. Um eine gleichmäßige Erwärmung des Bandes in vertikalen Anlagen zu gewährleisten, werden mehrere Strahlheizrohre mit jeweils einem Brenner installiert. Brenner- und Strahlrohrsysteme sind bisher jedoch überwiegend für Anwendungen mit Erdgas oder Hüttengasen optimiert.
Abb. 1: Schematische Ansicht einer kontinuierlichen Glühlinie für Weißblech [Quelle: thyssenkrupp Rasselstein GmbH]
Bei der Integration von Wasserstoff in bestehende Systeme, ist es wichtig, die Flexibilität im Auge zu behalten und dem Betreiber die Möglichkeit zu geben, auf Preis- oder Verfügbarkeitsschwankungen in den kommenden Jahren reagieren zu können. Daher wird die Entwicklung eines „brennstoffflexiblen“ Brenner-Strahlrohr-Systems angestrebt. Die Beimischung von Wasserstoff zu fossilem Erdgas soll von 0 bis 100 Vol.-% möglich sein, ohne dass manuelle Anpassungen an der Anlage erforderlich sind. Ein solches System bietet eine praktikable Lösung für den kurz- und langfristigen Betrieb emissionsarmer Anlagen.
Um eine Umstellung auf Wasserstoff zu ermöglichen, werden im Rahmen von FlexHeat2Anneal zunächst bestehende Systeme (PP- und W‑Strahlheizrohre) für den Einsatz von Wasserstoff bzw. Erdgas-Wasserstoff-Gemischen im Versuchslabor des IOBs untersucht. Anschließend wird gemeinsam mit WS Wärmeprozesstechnik das innovative Brenner-Strahlrohrsystem entwickelt. Die neuen Strahlrohrsysteme werden schließlich anhand von zwei Demonstratoren an einer industriellen Durchlaufglühanlage (D‑Ofen 5 der thyssenkrupp Rasselstein GmbH) für Stahlband eingesetzt und erprobt.
Abb.2: Modularer Prüfstand für die Untersuchung verschiedener Strahlheizrohr-Geometrien (links PP-Strahlheizrohr, rechts W‑Strahlheizrohr)
Die Herausforderungen bei der Optimierung des Systems für Wasserstoff-Erdgas-Gemische liegen in den unterschiedlichen Verbrennungseigenschaften von Erdgas, Wasserstoff und Erdgas-Wasserstoff-Gemischen. Die schwankende Brennstoffzusammensetzung erschwert einerseits die Sicherstellung einer hohen Energieeffizienz und konstanten Leistung und andererseits die Gewährleistung niedriger NOx-Emissionen. Dementsprechend werden Ansätze zur NOx-Reduktion, wie z.B. die Gasstufung oder die FLOX®-Technologie, für Wasserstoff und Erdgas-Wasserstoff-Gemische erprobt und optimiert.
Neben der Optimierung und dem Austausch der Systeme muss auch die Gasversorgung an der Anlage angepasst werden. Weiterhin müssen die Strahlheizrohre und Brenner mit Messtechnik zur Evaluation des Ofenbetriebs, der Energieeffizienz sowie der Schadstoffemissionen ausgestattet werden. Auf Basis der Ergebnisse werden die Auswirkungen einer Umstellung von fossilem Erdgas auf Wasserstoff für kontinuierliche Glühlinien und Feuerbeschichtungsanlagen untersucht und das tatsächliche CO2-Minderungspotenzial ermittelt.
Projektziele
- Flexibler Einsatz von H2 als Brennstoff in Strahlheizrohren an kontinuierliche Glühlinien und Feuerbeschichtungsanlagen:
- Untersuchung des Einsatzes von Wasserstoff in bestehenden Strahlrohrsystemen
- Entwicklung und Demonstration innovativer, brennstoffflexibler und energieeffizienter FLOX®-Strahlrohrsysteme mit geringsten NOx-Emissionen
Projektpartner
Weitere Informationen
Interview von Elsa Busson (IOB) und Dr. Peter Kirchesch (thyssenkrupp Rasselstein) für Industrie-Energieforschung: „Brennstoffflexible Beheizung in der Stahlindustrie — Wir wollen kurzfristig auf die verfügbaren Wasserstoffmengen reagieren“
Ansprechpartner
Förderung
Dieses Projekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter dem Förderkennzeichen 03EN2078C gefördert. Die Förderung erfolgt im Rahmen des 7. Energieforschungsprograms der Bundesregierung.