Mit HyInHeat – Hydrogen technologies for decarbonization of industrial heating processes startet ein Großprojekt mit 28 Partnern aus 12 europäischen Ländern, koordiniert durch das Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik (IOB). Ende Januar fand nun endlich das zweitägige Kick-Off Meeting in Aachen statt.
Das Konsortium um das IOB hat sich das Ziel gesetzt, den Einsatz von Wasserstoff als Brennstoff in den Hochtemperaturprozessen der Stahl- und Aluminiumindustrie zu demonstrieren. Denn insbesondere bei den energieintensiven Prozessen des Schmelzens und der Wärmebehandlung birgt der Ersatz fossiler Brennstoffe durch grünen Wasserstoff ein großes Potential zur Einsparung von klimaschädlichem CO2. Um der zunächst noch nicht flächendeckend gewährleisteten Verfügbarkeit großer Mengen grünen Wasserstoffs Sorge zu tragen, wird der Betrieb im Brennstoff-Mix aus Erdgas und Wasserstoff bis hin zu reinem Wasserstoff untersucht. Ein Fokus liegt zudem auf der Verbrennung mit reinem Sauerstoff, der bei der Produktion grünen Wasserstoffs über Elektrolyse als sekundäres Produkt anfällt und eine Steigerung der feuerungstechnischen Wirkungsgrade ermöglicht.
Das Projekt ist im Technology Readiness Level (TRL) 3 bis 7 angesiedelt und umspannt somit die Entwicklungsstände von der experimentellen Technologieentwicklung bis hin zum Prototypen in industrieller Umgebung. In diesem Rahmen werden acht Öfen im Pilot- und Industrie-Maßstab umgerüstet und die jeweiligen Prozesse detailliert untersucht. Das Projekt, welches im Förder-Programm Horizon Europe angesiedelt ist, läuft unter dem Dach der Processes4Planet Partnership. Die Fördersumme seitens der EU liegt bei 17,7 Millionen Euro, die Gesamtkosten des Projekts betragen fast 24 Millionen Euro.
Zum Kick-Off Meeting am 31.01.2023 und 01.02.2023 lud das IOB die Projektpartner zu einem ersten persönlichen Kennenlernen ins Aachener Forum M ein: Zunächst begrüßte Thomas Echterhof als Projektkoordinator die ca. 80 Teilnehmer. Nach den einleitenden Grußworten von Prof. Herbert Pfeifer gab Nico Schmitz einen inhaltlichen Überblick über das Projekt. Im Anschluss ergriff der verantwortliche Project Officer der EU das Wort, gefolgt von Vertretern von A.SPIRE und der Clean Hydrogen Partnership. Im Anschluss hatte jeder Partner die Chance, sich in Kurzvorträgen dem Konsortium vorzustellen. Der späte Nachmittag diente einer Einführung in das erste Arbeitspaket. Nach einer kurzen Pause fand eine Stadtführung durch die historische Altstadt Aachens mit anschließendem Abendessen im Ratskeller statt. Der zweite Tag startete mit Institutsbesichtigungen am IOB und am Institut für Gesteinshüttenkunde (GHI), einem weiteren Projektpartner der RWTH Aachen University. Ab Mittag wurde es wieder inhaltlich und die übrigen Arbeitspakete wurden besprochen, begleitet von vielen Diskussionen und Gesprächen in den großzügig ausgelegten Pausen.
Unter den Partnern aus 12 europäischen Ländern finden sich mit ArcelorMittal, Celsa Group und SSAB drei Stahlproduzenten sowie Befesa, Constellium, Mytilineos und Speira aus dem Sektor Aluminium. Die Automobilindustrie ist mit Toyota vertreten. Als Gaslieferanten und Technologieanbieter engagieren sich Linde und Nippon Gases, weiterhin tragen die Ofenbauer Danieli, GHI Hornos und Sarralle zum Projekt bei. Die industrielle Kompetenz im Bereich Feuerfest ist mit RHI Magensita und Morgan Advanced Materials vertreten und im Bereich Messtechnik unterstützen SICK und Luxmet die weiteren Projektpartner mit ihrem Know-how. Die europäischen Verbände ESTEP und European Aluminium leisten ihren Beitrag mit der Erhebung und Bereitstellung von Daten für Szenarioanalysen und helfen bei der Verbreitung der Ergebnisse. Als Experte für europäische Projekte wird EGEN mit ihrem Online-Marketing Partner Cloudselling das Konsortium ebenfalls maßgeblich bei der Publikation der Ergebnisse unterstützen.
Mit Tecnalia, Ceit, SWERIM und dem Barcelona Supercomputing Center sind vier Forschungseinrichtungen involviert. Auf Seiten der Hochschulen ist neben der University of Oulu, der norwegischen NTNU und dem Politecnico de Milano die RWTH Aachen University mit drei Instituten vertreten: Das Institut für Gesteinshüttenkunde (GHI) widmet sich den feuerfesten Ofenmaterialien. Proben aus den industriellen Anlagen sowie neu entwickelte Werkstoffe werden auf die Interaktion mit den neuen Ofenatmosphären untersucht, die sich hinsichtlich der Temperaturen und Atmosphäre im Vergleich zur Verbrennung mit Erdgas verändern. Das Institut für Technische Verbrennung (ITV) stellt nach Versuchsreihen in der institutseigenen sphärischen Brennkammer den kinetischen Reaktionsmechanismus für die Wasserstoffverbrennung bereit, der in nachfolgenden CFD-Simulationen die Verbrennungsreaktionen abbildet. Gemeinsam mit dem Barcelona Supercomputing Center wird eine Methodik für die Large-Eddy-Simulation (LES) der Wasserstoffverbrennung erarbeitet, durch die sich die Flammendynamik unter gegebenen Betriebszuständen vorhersagen lässt.
Neben der Koordination leistet das IOB auch Beiträge zu den konkreten Arbeitspaketen des Vorhabens. So wird im hauseigenen Technikum der Einfluss von Verunreinigungen im Brennstoff auf die Instrumentierung der Gasversorgung und den Brennerbetrieb getestet. Die durch den erhöhten Wasseranteil veränderten Bedingungen im Abgas werden im Hinblick auf die notwendigen Anpassungen im Bereich der Emissionsmesstechnik analysiert. Die konventionelle Messung der Stickoxid-Emissionen im trockenen Abgas ist in diesem Zusammenhang kritisch zu hinterfragen, sodass alternative Messprinzipien erprobt werden sollen. Im Bereich Modellierung und Simulation konzentrieren sich die Aktivitäten sowohl auf die Abbildung einzelner Brenner als auch gesamter Öfen, inklusive der Produkte und peripherer Anlagenkomponenten. Dabei werden neben der direkten Beheizung in Schmelzöfen für die Aluminiumindustrie und Erwärmungsöfen für die Warmformgebung von Stahl auch die indirekte Beheizung mit Strahlheizrohren untersucht. Für die Simulation ergeben sich mit dem erhöhten Wasseranteil im Abgas andere Bedingungen im Vergleich zu Erdgas, sodass geeignete Modelle für die Wärmestrahlung evaluiert werden. Ein vertretbarer numerischer Aufwand wird durch Reynolds Averaged Navier Stokes (RANS) Simulationen erreicht, die auf den teils neu geschaffenen Server-Kapazitäten am IOB gelöst werden. Die Methodik wird gegen die präzisen Simulationsergebnisse der LES und Daten aus den Laboren und Industrie-Demonstratoren validiert. Die Simulationen unterstützen das Design von Brennern, Ofenprozessen und die Umrüstung bestehender Anlagen auf den Betrieb mit Wasserstoff. Parallel werden fortwährend die Ökobilanzen der Prozesse und Produkte bewertet, um das Erreichen des übergeordneten Projektziels sicherzustellen: Einen großen Beitrag zur Dekarbonisierung der Stahl- und Aluminiumindustrie zu leisten.
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Kontakt
Dr.-Ing. Thomas Echterhof, Projektkoordinator und akademischer Direktor
Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik der RWTH Aachen University
Kopernikusstr. 10
52074 Aachen
+49 241 80–25958
echterhof@iob.rwth-aachen.de