Nach einer beeindruckenden Amtszeit von insgesamt 26 Jahren tritt Herbert Pfeifer zum Ende März 2024, als Inhaber des Lehrstuhls für Hochtemperaturtechnik und Leiter des Instituts für Industrieofenbau und Wärmetechnik, in den Ruhestand. Seit seinem Amtsantritt im April 1998 hat Professor Pfeifer das Institut maßgeblich geprägt und zu einer Größe der Hochtemperaturtechnik entwickelt. Sein Ausscheiden markiert das Ende einer Ära für das IOB.
Bevor er den Lehrstuhl 1998 übernahm durchlief Professor Pfeifer eine akademische und industrielle Laufbahn. Seine Karriere begann mit einem Studium des Maschinenbaus in Siegen. Nach Abschluss seines Studiums setzte er seine akademische Laufbahn dort fort, arbeitete unter anderem als Oberingenieur, wurde 1984 promoviert und 1991 habilitiert. Während der Zeit als Wissenschaftler beschäftigte er sich mit Themen wie dem energetische Modellierung von Stahlgießpfannen, Massen- und Energiebilanzen von komplexen Prozessen sowie dem Einsatz der Plasmatechnik in der Metallurgie. Dabei knüpfte er bereits enge Kontakte zur Stahlindustrie.
Im Jahr 1989 wechselte Professor Pfeifer von der Hochschule in die Industrie und begann seine Tätigkeit zunächst bei der Krupp Stahl AG, u. a. zum Thema „Bandgießen“. Hier wirkte er unter anderem an der Entwicklung von verschiedenen Schmelz- und Gießverfahren in Stahlwerken in Siegen und Krefeld mit. Danach wechselte er zur späteren ThyssenKrupp Nirosta GmbH. Die Qualitätssicherung von kaltgewalzten Edelstahlflachprodukten war ein Aufgabengebiet bei ThyssenKrupp Nirosta. 1997 wurde ihm der Titel „außerplanmäßiger Professor“ verliehen.
Mit der Ausschreibung zur Neubesetzung des Lehrstuhls für Hochtemperaturtechnik an der RWTH Aachen bot sich dann die Möglichkeit zur Rückkehr an die Hochschule. Professor Pfeifer nutzte diese Chance und setzte sich im Berufungsverfahren gegen seine Mitbewerber durch. Im April 1998 wurde er zum Universitäts-Professor und Leiter des Instituts für Industrieofenbau und Wärmetechnik berufen.
Die Übernahme des Instituts erwies sich zunächst als schwierig. Personal und Ausstattung waren praktisch nicht vorhanden, sodass zuerst grundlegende Aufbauarbeit geleistet werden musste. So entwickelte er das Institut von acht Mitarbeitenden, überwiegend im technischen und administrativen Bereich, zu einem Team von 45 Mitarbeitenden, von denen 33 im wissenschaftlichen Bereich tätig sind. Neben den klassisch am Institut vertretenen Themen Industrieofenbau, Verbrennungs- und Wärmeübertragungstechnik etablierte Professor Pfeifer darüber hinaus die Lichtbogenofentechnik sowie die Strömung metallurgischer Schmelzen als Forschungsgebiete am IOB. In neuerer Zeit kamen die CO2-arme Prozesswärme und erneuerbare Energien sowie die Elektrowärme als Forschungsthemen hinzu. Diese beachtliche Entwicklung des Instituts ist maßgeblich Professor Pfeifer zu verdanken, der mit seinem Weitblick und Engagement nicht nur den Ausbau des Teams ermöglichte, sondern auch eine Atmosphäre des Vertrauens und der Zusammenarbeit schuf. Unter seiner Führung ist das Institut zu einem Ort geworden, an dem innovative Ideen entstehen und ein starker Teamgeist gelebt wird.
In all dieser Zeit hat Professor Pfeifer immer besonderen Wert auf eine exzellente Lehre gelegt und diese stets als „Chefsache“ betrachtet. Dies hat wesentlich dazu beigetragen, immer wieder hervorragende Studierende für das IOB zu gewinnen und an das Institut zu binden; viele wurden zu wissenschaftlichen Mitarbeitenden und schlossen später sogar eine Promotion ab. Unter anderem wurden elf Otto-Junker-Preise für herausragende Studienleistungen an Studierende verliehen, die ihre Abschlussarbeiten am IOB anfertigten. Die inhaltlichen Schwerpunkte seiner Lehre lagen im Grundlagenbereich auf der Wärmeübertragung und der Strömungsmechanik sowie der Thermodynamik. In der Vertiefungsrichtung „Hochtemperaturtechnik“ vermittelte er die Grundprinzipien der Industrieofentechnik sowie die Berechnung und Auslegung von Industrieöfen. Ergänzt wurden diese Themen durch Veranstaltungen zur Simulationstechnik, Prozesstechnik und Lichtbogenofentechnik in den verschiedenen Studiengängen der Fakultät und darüber hinaus.
Neben der Forschung und Lehre war Professor Pfeifer auch in Hochschulgremien aktiv, zum Beispiel als Fachgruppensprecher und langjähriger Prüfungsausschussvorsitzender des Masterstudiengangs „Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Werkstoff- und Prozesstechnik“. Darüber hinaus engagierte er sich in der Forschungsgemeinschaft Industrieofenbau e.V. (FOGI) und ist bis heute Vorsitzender und Leiter des wissenschaftlichen Beirats der Forschungseinrichtung „OWI Science for Fuels gGmbH“. Der Kontaktpflege dienten auch die während seiner Tätigkeit am IOB etablierten Veranstaltungen, wie das Aachener Ofenbau- und Thermoprozess-Kolloquium (AOTK) oder das Hybrid-Heating Netzwerk. Darüber hinaus fand Professor Pfeifer die Zeit, sich aktiv in Weiterbildungsveranstaltungen für die Industrie zu einzubringen, wie z.B. im Rahmen des Seminars „Industrieofentechnik — Grundlagen und Anwendungen des Erdgas- und Wasserstoffeinsatzes“ des Stahlinstituts VDEh. Zudem ist er (Mit-)Herausgeber mehrerer Standardwerke, wie dem Praxishandbuch Thermoprozesstechnik oder dem Handbuch Industrielle Wärmetechnik.
All dies hat dazu geführt, dass das IOB nun zum Ende der Dienstzeit von Professor Pfeifer europaweit als führendes Hochschulinstitut auf dem Gebiet des Industrieofenbaus und verwandter Themen mit einem aktuellen Fokus auf Transformationsprozesse auf dem Weg zu einer dekarbonisierten Prozesswärme anerkannt ist. Professor Pfeifer hinterlässt seinem Nachfolger ein sehr gut aufgestelltes Institut und große Fußstapfen, in die es hineinzuwachsen gilt.