COSIMa: CO2-neutraler Saint-Gobain Industriestandort Herzogenrath – Machbarkeitsuntersuchung (progres.nrw)
Programm für Rationelle Energieverwendung, Regenerative Energien und Energiesparen – Programmbereich Innovation (progres.nrw – Innovation), 1. Januar 2022 bis 28. Februar 2025
Projektbeschreibung
Die ambitionierten und dennoch dringlichen Klimaziele des Pariser Abkommens fordern sowohl die nationale und regionale Politik als auch die Industrie zu zügigem Handeln auf. Saint-Gobain (SG) hat sich die Erreichung der CO2-Neutralität weltweit bis 2050 zum Ziel gesetzt. Diese Zielsetzung ist insbesondere für die energieintensive Glasindustrie eine besondere Herausforderung.
Der Saint-Gobain Standort Herzogenrath mit der Flachglasherstellung (Floatglas) und der Weiterverarbeitung zu Automobilverglasung hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Neutralität bereits bis 2030 zu erreichen und regional als auch international eine Vorreiterrolle einzunehmen. Dies dient zum einen der Standortsicherung, zum anderen soll dies gleichzeitig den Benchmark der Machbarkeit eines solchen Vorhabens bis 2030 liefern.
Das übergeordnete Ziel des Gesamtvorhabens ist die Erreichung einer CO2-Neutralität nach Scope 1 und 2 bis 2030 für den Gesamtstandort. Bei diesem eingreifenden Transformationsprozess möchte der Standort Herzogenrath vorangehen, um den Standort für die Zukunft zu positionieren und eine langfriste Standortsicherung und der Bewahrung der ca. 1000 Arbeitsplätze zu erreichen.
Die am Saint-Gobain Standort geplanten Aktivitäten folgen zwei Pfaden, die sich zu einem ganzheitlichen Konzept ergänzen. Neben der Entwicklung einer neuen Glaswannentechnologie („CO2-neutraler Glasschmelzofen“) soll eine optimierte Energieeffizienz des Gesamtenergiesystems am Standort erreicht werden.
Ein Arbeitspaket zielt dabei auf die Flachglasproduktion als den Hauptemittenten von CO2 mit über 80% des Energiebedarfs am Standort ab, sodass bis 2030 der erste industrielle CO2-neutrale Glasschmelzofen (Floatglas) am Standort entstehen soll. Der energetische Leistungsbedarf wird heute über Erdgas und einen kleinen Anteil Elektrizität gedeckt. Zukünftig soll das E‑Boosting (elektrische Zuheizung der Glasschmelze) bis zum technischen Maximum erhöht werden, das jedoch nach aktuellem Wissenstand durch die hohen Anforderungen an die Glasqualität begrenzt scheint. Die darüber hinaus benötigte Energie soll, anstatt wie bisher über Erdgas, über einen emissionsfreien Brennstoff, bevorzugt Wasserstoff, gedeckt werden. Der Einsatz von Sauerstoff in der Verbrennung wird ebenfalls betrachtet, da der notwendige Wasserstoff aufgrund fehlender Infrastruktur dezentral am Standort produziert werden muss und somit Sauerstoff als nutzbares Nebenprodukt der Elektrolyse anfallen würde.
Die genaue Ausgestaltung dieser Hybridtechnologie und ihr Einfluss auf u.a. die geänderten Verbrennungseigenschaften in der Brennkammer, die NOx-Bildung, die Wärmeübertragung, veränderte Strömung der Glasschmelze mit Einfluss auf die Glasqualität sowie die Implikationen auf die Feuerfestmaterialien müssen vorab im Rahmen von Machbarkeitsuntersuchungen abgeklärt werden.
Neben der technologischen Neukonzeption der Flachglasherstellung sollen im Rahmen einer „Smarten Infrastruktur“ zum einen die thermischen Prozesse im Bereich der Produktion der Fahrzeugverglasung bei SG Sekurit optimiert werden, zum anderen soll eine umfassende Energiesystemanalyse und ‑optimierung des gesamten Standortes erfolgen.
Dabei zielt ein weiteres Arbeitspaket auf die Identifizierung und Quantifizierung von weiterem Energieeinsparungspotential in der Autoglasproduktion ab. Insbesondere die seit 2020 am Standort bestehende Linie für Verbundsicherheitsglas (Windschutzscheiben und Dächer), die aus dem SG Standort Stolberg transferiert wurde, hat den Energiebedarf erhöht und soll hinsichtlich ihrer energetischen Effizienz analysiert werden. Aber auch die bereits bestehenden Linien für Einscheibensicherheitsglas (Seitenscheiben, Rückscheiben und Dächer) sollen ganzheitlich in Bezug auf ihren Energiebedarf analysiert und bewertet werden.
Abschließend soll eine detaillierte Analyse des gesamten Standortes, sämtlicher benötigter Stoff- und Energieströme der drei Einheiten SG Glass, SG Sekurit und SG Research Germany aufgenommen, die Machbarkeit einer CO2-Neutralität des Gesamtsystems erarbeiten und ein energetisches Simulationsmodell des Gesamtstandortes zur Auslegungs- und Effizienzoptimierung erstellt werden. Dieses soll perspektivisch auch auf andere Standorte übertragen werden.
Für eine energetische Optimierung sollen neben Optionen der Energiewandlung insbesondere durch eine verbesserte Ressourceneffizienz und eine verbesserte Abwärmenutzung sowie Sektorenkopplung betrachtet werden. Ziel ist es zudem, das Energiesystem für eine maximale Versorgungssicherheit auszulegen. Die energetische Vernetzung des Standortes muss mittelfristig ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept zum Ergebnis haben, daher sollen auch mögliche Schnittstellen mit der Stadt Herzogenrath, z.B. bezüglich eines Fernwärmenetzes im Rahmen des entstehenden Optimierungsmodells abgebildet werden können.
Projektziele
- Analyse der Wasserstoff-Luft-Verbrennung in Labortests und Modellierungen
- Charakterisierung der Auswirkungen der Wasserstoffverbrennung (Luft & O2) auf die Glasqualität: Läuterung/Schaumbildung, optische Eigenschaften und Verflüchtigung.
- Entwicklung eines Vorschlags für Feuerfestmaterialien für die Aufbauten von Glasschmelzöfen und Regeneratoren, die für die Wasserstoffverbrennung (Luft und Sauerstoff) geeignet sind
- Empfehlung zu Konstruktionsänderungen an Öfen und Regeneratoren für eine Wasserstoffverbrennung sowie Brennern
- Entwicklung einer verbesserten energetischen Prozessregelung
- Bewertung und Priorisierung von Energieeinsparpotentialen bei der Automobilglasproduktion
- Handlungsempfehlungen zur Energieeinsparung durch Modellierung ausgewählter thermischer Prozesse
- Entwicklung eines validierten Energiesystemmodells des Gesamtstandorts Herzogenrath
- Entwicklung von optimierten Szenarien für das Energiesystem am Standort Herzogenrath
- Dokumentation und wissenschaftliche Auswertung eines Beispiel-Szenarios zur Demonstration der Übertragbarkeit (Case Study) sowie die Entwicklung von Schulungsmaterialien u. Dokumentation zur Weiternutzung
Projektpartner
Ansprechpartner
Förderung
Dieses Projekt wird durch das Land Nordrhein-Westfalen über das Förderprogramm „progres.nrw — Programm für rationelle Energieverwendung, regenerative Energien und Energiesparen — Programmbereich Innovation“ gefördert.